Lehrstühle

Ignatz-Bubis-Lehrstuhl

Ben-Gurion-Lehrstuhl

Bibel und Jüdische Bibelauslegung

Talmud, Codices und Rabbinische Literatur

Geschichte des Jüdischen Volkes

Hebräische Sprachwissenschaften

Jüdische Philosophie und Geistesgeschichte

Hebräische und Jüdische Literatur

Jüdische Kunst

Jüdische Religionspädagogik/-didaktik


 

 

 

 

Bibel und Jüdische Bibelauslegung

Lehrstuhlinhaberin:

Prof. Dr. Hanna Liss
Prof. Hanna Liss gastiert im Jahr 2008/09 am Alfried Krupp-Wissenschaftskolleg in Greifswald und arbeitet zu einem Projekt über 'Rapprochements littéraires': Raschbams Bibelkommentare und die höfische Literatur im 12. Jahrhundert.
Der Lehrstuhl wird in dieser Zeit von Prof. Dr. Gianfranco Miletto vertreten.

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Ingeborg Lederer, M.A.


Das Fach Bibel und Jüdische Bibelauslegung beschäftigt sich zunächst mit dem Text der Bibel und dessen Deutung. Dass hiermit eine wissenschaftliche Beschäftigung mit den textlichen Grundlagen (unter Anwendung der Methoden der historisch-kritischen Bibelwissenschaft sowie der Erforschung der altorientalischen Religionsgeschichte) gemeint ist, braucht nicht eigens betont zu werden. Schwieriger ist da schon die "jüdische Bibelauslegung", denn hier handelt es sich ja nicht unbedingt um wissenschaftliche Exegese im modernen Sinn. Dennoch steht natürlich außer Frage, dass die traditionelle jüdische Bibelauslegung ein wesentlicher Bestandteil von Forschung und Lehre gerade an der Hochschule für Jüdische Studien darstellen sollte, nicht zuletzt deswegen, weil dieser Forschungsbereich in Deutschland und auch in den anderen europäischen Nachbarländern entweder gar nicht oder nur sehr eklektisch und am Rande bearbeitet wird. Da das Fach Bibel und Jüdische Bibelauslegung darüber hinaus weder in Deutschland noch in den USA oder in Israel eindeutig profiliert ist, sollen nachfolgend die unterschiedlichen Arbeitsfelder und -aufgaben für dieses Fach kurz skizziert und im Anschluss daran die derzeitigen und künftigen Arbeitsschwerpunkte vorgestellt werden.

Das Fach Bibel und Jüdische Bibelauslegung beschäftigt sich mit Text, Überlieferung, exegetischer Rezeption und moderner Deutung der Hebräischen Bibel von der Antike bis in die Neuzeit. Dabei umfasst allein das Forschungsgebiet für die biblische Geschichte und Literatur, d.h. für die Epoche zwischen ca. 1200 und 100 v.u.Z., einen historischen Rahmen von mehr als 1000 Jahren. Nimmt man (ohne die rabbinische Traditionsliteratur im engeren Sinn) noch die Quellen zur jüdischen Bibelauslegung in Mittelalter und Neuzeit hinzu, so umfasst dieses Fach idealtypisch mehr als 2500 Jahre, die in literarspezifischen Detailfragen ebenso wie in zunehmend fächerübergreifenden Fragestellungen und Forschungsansätzen überblickt sein wollen.

Die Arbeit im Fach Bibel und Jüdische Bibelauslegung vollzieht sich auf zwei deutlich zu unterscheidenden und dennoch ineinandergreifenden Ebenen: Auf der ersten Ebene steht die eigentliche Arbeit am biblischen Text selbst. Der Anspruch der modernen wissenschaftlichen Bibelforschung und Bibelkritik liegt dabei in der Erfassung und Deutung des ursprünglichen Sinnes eines Textes, seine Entstehungssituation und -geschichte, der Erarbeitung seiner soziohistorischen Prägung und seiner spezifischen sprachlichen Gestaltung. In diesem Rahmen arbeitet die moderne jüdische Bibel-Exegese mit den Methoden der klassischen historisch-literarischen Kritik, die sich in den akademischen Lehranstalten auf christlicher und jüdischer Seite weitgehend, wenngleich auch jeweils unterschiedlich akzentuiert, durchgesetzt hat.

Auf einer zweiten Ebene steht die Beschäftigung mit der jüdischen Rezeption der hebräischen Bibel und damit einerseits mit der Geschichte der jüdischen Bibelauslegung und andererseits mit der hermeneutischen Frage der Relation zwischen (moderner) jüdischer Deutung eines Textes und historisch-kritischer Erforschung der hebräischen Bibel. Da die rabbinische Epoche im hier genannten Fachbereich nicht schwerpunktmäßig bearbeitet wird (gehört arbeitstechnisch zum Fach Talmud, Codices und rabbinische Literatur), liegen die Schwerpunkte im Bereich der Erarbeitung der Quellen zur jüdischen Bibelauslegung auf dem für die jüdische Exegese entscheidenden Zeitraum von der ersten Hälfte des 10. bis zur 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sowie auf dem 19. und 20. Jahrhundert. Die erstgenannte Periode wird beherrscht von Persönlichkeiten wie R. Saadya Gaon, R. Shelomo Yizchaqi (RaShY), R. Shemu’el ben Meïr (RaShBaM), R. Avraham Ibn Ezra, den Mitgliedern der Familie Qimchi und R. Moshe ben Nachman (RaMBaN = Nachmanides). Alle diese Exegeten betrieben nicht nur das Studium und die Auslegung der Bibel als eine eigene Disziplin, die eine entsprechende Literaturgattung nach sich zog (die jüdische Bibel-Kommentarliteratur); vielmehr taten sie dies auch vor einem bei den einzelnen je unterschiedlichen, aber stets explizit formulierten hermeneutischen Hintergrund und exegetischen Anspruch (Herausforderung durch die Qaräer; die sog. Peshat-Exegese usw.). Das 19. Jh. markiert demgegenüber die Umbruchzeit von der traditionellen jüdischen Bibelauslegung zur historisch-kritischen Erforschung der Bibel. Die diese Zeit prägenden Auseinandersetzungen um das Verständnis der Hebräischen Bibel können hermeneutisch nicht hoch genug veranschlagt werden und prägen die jüdische Bibelauslegung bis heute.

Die historische Erforschung der Geschichte der Auslegung des biblischen Textes ist nicht mit der Auslegung des Textes selbst zu verwechseln, wenngleich natürlich die exegetische Arbeit am Bibeltext oftmals auf philologische oder sonstige inhaltliche und formale Beobachtungen der jüdischen Exegeten aus Mittelalter und Neuzeit zurückgreifen wird. Die Geschichte der jüdischen Bibelauslegung ist eine Geschichte der Vielzahl von Auslegungen des biblischen Textes. Entscheidend für ein sinnvolles Ineinandergreifen beider Arbeitsbereiche (sowohl in der eigenen wissenschaftlichen Arbeit als auch im Lehrbetrieb) scheint mir zu sein, die verschiedenen Deutungen in Bezug zu den ihnen zugrundeliegenden exegetischen Methoden zu setzen und den an sich selbstverständlichen hermeneutischen Grundsatz, nach dem die Art der Auslegung ihr inhaltliches Ergebnis bedingt, bei der eigenen Arbeit mitzubedenken. Es muss also darum gehen, auch bei der modernen literaturgeschichtlichen und literaturwissenschaftlichen Bearbeitung der hebräischen Bibel den jüdischen Auslegungshintergrund stets mitzureflektieren und damit die moderne wissenschaftliche Auslegung selbst zu einem integrativen Bestandteil der jüdischen Auslegungstradition werden zu lassen. Vor diesem Hintergrund kann dann auch die traditionelle jüdische Bibel-Auslegung als eine wissenschaftliche Fachdisziplin und umgekehrt die historisch-kritische Erforschung der Bibel als ein Teil auch der jüdischen Bibelexegese verstanden werden. Da die jüdische Bibelauslegung kein sola-scriptura-Schriftprinzip kennt, muss auch die moderne wissenschaftliche Bibelforschung ihren exegetischen Standpunkt innerhalb der jüdischen Bibelauslegung einnehmen.

Das Fach Bibel und Jüdische Bibelauslegung beschäftigt sich mit Text, Überlieferung und exegetischer Rezeption der Hebräischen Bibel von der Antike bis in die Neuzeit. Mit Ausnahme der neuzeitlichen Literatur sind alle entscheidenden Quellen auf Hebräisch verfasst. Das Studium in diesem Fach hängt daher in hohem Maße von der Beherrschung der hebräischen Sprache ab. Grundlegende Sprachkenntnisse sind daher eine unabdingbare Voraussetzung.

Die im Grundstudium angebotenen Kurse dienen der Einführung sowohl in die Bibel selbst, als auch in deren Auslegungsgeschichte. Gleichzeitig sollen in diesen Kursen erste Schritte im Umgang mit dem hebräischen Text erlernt und geübt werden. Im Proseminar für die Einführung in die (moderne) Bibelauslegung wird daher so weit wie irgend möglich am hebräischen Text selbst gearbeitet. Dies ist schon deshalb nötig, weil viele exegetische Auslegungsmethoden (wie beispielsweise Textkritik, Form- oder Traditionsgeschichte) nicht unabhängig von der hebräischen Sprachgestalt angewandt werden können. Gerade die jüdische Auslegungstradition hat die biblische Offenbarung als hebräisches schriftliches Zeugnis viel zu ernst genommen, als dass hier einfach auf eine andere Sprache ausgewichen werden könnte.

Auch im Proseminar und der Übung für die Geschichte der traditionellen jüdischen Bibelauslegung wird ausschließlich am hebräischen Text gearbeitet, da, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, diese Literatur bislang ohnehin kaum ins Deutsche oder in eine andere moderne Fremdsprache übertragen wurde. In diesem Kurs werden nicht nur regelmäßig (vor allem mittelalterliche) hebräische Texte übersetzt; es sollen vor allem Kenntnis einer bestimmten Terminologie erlangt und, damit einhergehend, die literarische Verarbeitung anderer (und wiederum hebräischer) Quellen, erkannt und inhaltlich interpretiert werden. Daneben gehören auch so "profane" Dinge wie das Erlernen der RaShY-Kursive (immer noch!) und der Umgang mit den Miqra’ot Gedolot zum Programm dieser Lehrveranstaltungen.

Da sowohl die Auslegung des Bibeltextes selbst als auch die Interpretation der Auslegungsliteratur ein Mindestmaß an Hebräisch-Kenntnissen erfordern, wurde seit kurzem vereinbart, dass Studenten, die an der HFJS mit dem Hebräisch-Kurs beginnen, mindestens ein Jahr Unterricht vorweisen müssen, um grundlegende grammatikalische Kenntnisse und die Fähigkeit zum unvokalisierten Lesen vorweisen zu können (in der Regel also ab dem 3. Fachsemester).

Ziel der Lehrveranstaltungen im Grundstudium ist es, die Studenten anhand der Originalquellen in das Fach, seine Literatur und seine Methoden einzuführen. Hebräische Sekundärliteratur wird dabei noch nicht verwendet.
Mehr noch als im Grundstudium sollte im Hauptstudium die Arbeit ausschließlich am hebräischen Textmaterial selbstverständlich sein und hier nun auch hebräische Sekundärliteratur einschließen. Sind Studierende durch die Proseminararbeit im Grundstudium bereits an den Umgang mit der Hebräischen Bibel gewöhnt, kann auch im Haupt-Seminar zur hebräischen Bibel am masoretischen Text gearbeitet werden. Ebenso steht auch derjenige Student nicht "wie der Ochs” vor dem Berg der jüdischen Traditionsliteratur, der im Grundstudium die RaShY-Kursive geübt und die spezifische Terminologie des RadaQ schon einmal gehört hat. Die Bearbeitung einzelner vertiefender Fragestellungen kann dann auf dem im Grundstudium angeeigneten Stoff aufgebaut werden.
Wie überall bedarf auch im Fach Bibel die systematische Heranführung an die hebräischen Quellen einer gewissen Gewöhnung von seiten der Studierenden. Neben anfänglichem und zumeist unberechtigtem "Sprachstress" wird jedoch das Lehrangebot, das in der oben beschriebenen Weise strukturiert ist, gerne angenommen.

In Kooperation mit der Ruprecht Karls-Universität Heidelberg (Inst. Geschichte, Germanistik, Europ. Kunstgeschichte, Romanistik) wird das Interdisziplinäres Masterprogramm Heidelberger Mittelalter Master angeboten."

Projekt: Der Kommentar zum Zwölfprophetenbuch (Perush Tere Asar) von Josef ben Schimon Kara (ca. 1050-1125): Kritische Edition und kommentierte Übersetzung.

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Talmud, Codices und Rabbinische Literatur

Lehrstuhlinhaber:

Prof. Dr. Ronen Reichman

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Alexander Dubrau, M.A.

 

Lernmaterialien und Linksammlung:

(http://www.hfjs.eu/studium/lernmaterialien.html)

 

 

Das Fach "Talmud, Codices und Rabbinische Literatur" befasst sich epochenübergreifend mit dem rabbinischen Judentum. Einen Schwerpunkt bildet das klassisch-rabbinische Judentum. Besonderer Wert wird auf die halachischen Quellen gelegt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das jüdischen Recht in rechtshistorischer und rechtwissenschaftlicher Perspektive. Der Lehrplan wird vor allem nach vier Gesichtspunkten konzipiert:

  • literarisch-philologisch
  • geschichtlich (soziokulturell)
  • hermeneutisch
  • rechtswissenschaftlich.

Folgende Lehrveranstaltungsformen werden angeboten:
Vorbereitungskurs: Mechina leTalmud (Einführungen in die rabbinische Literatur). Pflichtkurs im Studiengang Staatsexamen. Einmal jährlich. In der Regel im Sommer-Semester für Studierende des 2. Semesters, die schon am Mechina-Kurs in Bibel teilgenommen haben.

Vorlesungen:

  • über das rabbinische Judentum in soziokultureller und literarischer Perspektive (für Grund- und Hauptstudium)
  • über jüdisches Recht in systematischer und in historischer Perspektive (für Grund- und Hauptstudium)

Proseminare: Ein Proseminar in jedem Semester, in der Regel für Studierende des 3. und 4. Semesters zur

  • Vertiefung bestimmter Aspekte der zeitgleich angebotenen Vorlesung
  • zur Erweiterung des Themenfelds der Vorlesung unter besonderer Beachtung der Forschungsmethodik
    Tutorien: Lektüre im Talmud (von einem Lehrbeauftragten bzw. wiss. Mitarbeiter abgehalten), bei denen es unter anderem um die Übung des talmudischen Aramäisch geht.

Seminare:

  • Seminare zu klassisch-rabbinischer Literatur
  • Seminar zu mittelalterlicher Thematik
  • Seminar zu neuzeitlicher Thematik

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Geschichte des Jüdischen Volkes

Lehrstuhlinhaberin:

Prof. Dr. Birgit Klein

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Désirée Schostak, M.A.

Stiftungslehrstuhl:

Prof. Dr. Johannes Heil, Ignatz-Bubis-Stiftungslehrstuhl


Das Fach Geschichte des jüdischen Volkes befasst sich mit der Geschichte und Kultur des jüdischen Volkes über einen Zeitraum von mehr als zweieinhalbtausend Jahren:

  • von der Epoche des Zweiten Tempels bis zur Zeitgeschichte,
  • in seiner Gesamtheit wie in den vielfältigen Erscheinungsformen,
  • in Kontinuität und Wandel in den verschiedenen Epochen und Räumen.

Juden lebten und leben in Austausch und Auseinandersetzung mit den jeweiligen Umwelten. Eine Geschichte des jüdischen Volkes richtet jedoch nicht den Blick von außen auf Juden und ihre Geschichte in externem Quellenmaterial, das oft ein durch Antijudaismus und Antisemitismus verzerrtes Bild zeichnet. Vielmehr folgt eine Geschichte des jüdischen Volkes der jüdischen Perspektive, wie sie in internen, häufig hebräischen Quellen zum Ausdruck kommt, darunter Briefe, Autobiographien oder Testamente, Memorbücher oder Grabinschriften, Protokollbücher oder Takkanot, Responsen sowie Kodizes und ihre Kommentare. Die wechselseitige Analyse beider Quellengruppen lässt Innen- und Außenperspektive miteinander kommunizieren und für die Gegenwart fruchtbar machen.
Folglich sind Lehre und Forschung interdisziplinär ausgerichtet, die Kooperation mit den Fakultäten der Universität Heidelberg und Partnern in In- und Ausland ebenso selbstverständlich wie die Berücksichtigung kulturwissenschaftlicher Fragestellungen, seien es die Ansätze von Kulturgeschichte oder Geschlechterforschung, postkolonialer Theoriediskussion oder Gedächtnistheorien.

Das Wissen um Geschichte und Herkommen des jüdischen Volkes eröffnet Horizonte zum Verständnis heutiger jüdischer Existenz. Daher ist das Spektrum der Themen in der Lehre des Faches Geschichte des jüdischen Volkes sehr weit gespannt. Behandelt werden die Ausbildung jüdischer Gerichtsbarkeit oder des Rollenverständnisses von Männern und Frauen in und seit der Antike. Die Ausformung jüdischer Gemeindeautonomie im Mittelalter ermöglichte es Juden, im Rahmen einer eigenen Korporation ihre Gesetze und ihre Religion zu leben – trotz Kreuzzügen, Brunnenvergiftungs- und Ritualmordanklagen, Inquisition und Vertreibungen. In der Frühneuzeit konsolidierte sich jüdische Existenz in den verschiedenen Territorien und den wenigen großen Städten des Alten Reiches, die Vier-Länder-Synode erlangte in Polen-Litauen weitreichenden Einfluss, Gemeinden wurden in der "Neuen Welt" gegründet, Chassidismus und jüdische Aufklärung (Haskala) gaben neue Impulse für kommende Generationen. Im Übergang zur Moderne sind die vielfältigen Wege jüdischer Emanzipation in den einzelnen Staaten ebenso zu verfolgen wie die Geschichte des Zionismus. Die Geschichte des jüdischen Volkes endet nicht mit der Schoah, so dass auch die Gründung des Staates Israel oder das Wiedererstehen jüdischen Lebens in Europa thematisiert werden.

Über die Jahrhunderte und Räume hinweg geht es immer wieder um die Konstruktion jüdischer Identitäten, ihre Selbstrepräsentation und Fremdwahrnehmung, um Strukturen und soziale Beziehungen innerhalb der jüdischen Gemeinschaft und zur Umwelt, um die Bedeutung von Verwandtschaft, Familie, (transnationalen) Netzwerken, um jüdisches Ritual und Recht im Spannungsfeld von Eigenheit und Adaption, Tradition und Transformation, um Differenzierung zwischen Volks- und Elitenreligion, ländlichem und städtischem Judentum.

Lokale und regionale Unterschiede sollen somit wahrgenommen werden, in Deutschland wie in Spanien, Italien, Polen, Israel oder den USA. Aus dieser regionalen und lokalen Perspektive heraus erfolgt eine integrierende, kontextualisierende Darstellung, die generalisierende Aussagen ermöglicht. Ziel ist aber nicht eine Homogenisierung; vielmehr ist die Pluralität jüdischer Existenz und Kultur aufzuzeigen, sind Juden als eine Gruppe unter anderen zu verstehen, welche gemeinsam plurale Gesellschaften konstituieren, so dass immer auch die "allgemeine" Geschichte angemessen zu berücksichtigen ist.

In Kooperation mit der Ruprecht Karls-Universität Heidelberg (Inst. Geschichte, Germanistik, Europ. Kunstgeschichte, Romanistik) wird das Interdisziplinäres Masterprogramm Heidelberger Mittelalter Master angeboten."
Lehrveranstaltungen zur jüdischen Geschichte bietet auch die IGNATZ-BUBIS-STIFTUNGSPROFESSUR für Religion, Geschichte und Kultur des europäischen Judentums an.

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Hebräische Sprachwissenschaften

Mitarbeitende am Fach:

Dr. Gerhard-Wilhelm Nebe
Dr. Daniela Mantovan-Kromer
Kevin Trompelt, M.A.
Irmi Ben Anat


Das Studium der hebräischen und jüdisch-aramäischen Sprache befasst sich mit der Geschichte der hebräischen Sprache von Anbeginn ihrer schriftlichen Bezeugung um 1000 vor Chr., der klassischen Zeit des Althebräischen in Inschriften und vor allem in der Bibel, seiner Entwicklung über das sogenannte Mittelhebräische bis zum rabbinischen Hebräisch und der Renaissance und dem Weiterleben der Sprache im Frühmittelalter und Mittelalter bis hin zur Erneuerung des Hebräischen als lebender Sprache im 19. und 20.Jahrhundert. Einbezogen sind des weiteren die aramäischen Sprachdialekte, die seit der Antike mit der hebräischen Sprache und Überlieferung in engem Kontakt stehen; vor allem geht es um die Ausprägungen der jüdisch-aramäischen Dialekte ab der christlichen Zeitrechnung als Umgangssprache und zunehmend auch als Sprache der großen Werke der jüdischen Traditionsliteratur. Die hebräische Sprachwissenschaft gliedert sich diachronisch (vom älteren zum modernen) und diatopisch (regionalspezifisch).
Grundlage für das Studium der hebräischen Sprachwissenschaft wie auch für andere Studienfächer an der HfJS ist das Erlernen des Hebräischen in seinen wichtigen Sprachstufen. Das "Hebraicum" der HfJS wird während des Grundstudiums abgelegt; es umfaßt Prüfungen in der biblischen Sprache, dem Rabbinischen Hebräisch (Sprache der Mischna und der Midraschim) und im Neuhebräischen. Der Hebraicumkurs erstreckt sich über zwei Semester. Für Studierende, die das Hebraicum in ihrem Studiengang nicht benötigen, sowie für eingeschriebene Gaststudenten werden zweistündige Kurse in Neuhebräisch (Anfänger und Fortgeschrittene) angeboten.
Bereits während der Zeit des Erlernens der Sprache können ab dem 3. Semester Einführungen und Proseminare im Fach Sprachwissenschaft absolviert werden. Das Hauptstudium setzt das Hebraicum voraus. In Seminaren werden entweder hebraistische und jüdisch-aramaistische Problemstellungen thematisiert, oder es wird der besondere Charakter einer Sprachperiode des Hebräischen und Jüdisch-Aramäischen mit Hilfe von Texten erarbeitet.
Zur hebräischen Sprachwissenschaft zählen auch Kurse/Seminare zur Einführung und Vertiefung der jiddischen (siehe unten), der aramäischen und auch der arabischen Sprache, letztere beide in Kooperation mit dem Institut für Semitistik der Universität Heidelberg.
Für Jiddisch werden sowohl Sprach- als auch Literaturkurse angeboten. Zum einen werden Grundkenntnisse für das Erlernen dieser Sprache angeboten, um den Studenten die Lektüre und das Studium einer Literatur zu ermöglichen, die zu den wichtigen Kulturgütern des modernen Judentums gehört. Die Einführungen in die Geschichte des Jiddisch werden ergänzt durch Textanalysen jiddisch-russischer Autoren. Prosa und Lyrik in einer reichen Auswahl sind Teil des Studienprogramms.

Zur Methode der hebr. Sprachwissenschaft und die Einbettung des Hebräischen in die semitische Sprachfamilie.

Thematisch beinhaltet dies die Fragestellungen der allgemeinen Sprachwissenschaft und ihrer Methoden und die Anwendung auf die hebr. Sprachwissenschaft. Das Hebr. innerhalb der semitischen (weiter gefasst der afro-asiatischen und enger gefasst der hamito-semitischen und noch enger gefasst der kanaanäisch-aramäischen) Sprachfamilie, die Struktur der hebräischen Sprache.
Kollegs und Seminare zu dieser Thematik gehören zum Lehrangebot Hebr. Sprachwissenschaft der Hochschule, werden aber auch im Seminar für Sprachen und Kulturen des vorderen Orients angeboten. Insbesondere sei hingewiesen auf "Die Einführung in die semitischen Sprachen" im Institut für Semitistik.
Die Erlernung einer weiteren semitischen Sprache neben dem Hebräischen wäre vorteilhaft, wie Akkadisch (siehe die Angebote des Instituts für Assyriologie), Ugaritisch (siehe die Angebote des Instituts für Alttestamentliche Wissenschaft) oder Phönizisch, vor allem aber Aramäisch (dazu siehe unten zu Schwerpunkt II und III) und Arabisch (dazu siehe unten zu Schwerpunkt IV und V)

Das klassische Hebräisch

Thematisch beinhaltet dies das epigraphische Althebräisch ab dem 10. Jh. (erste schriftliche Fixierung) und vor allem das Bibelhebräisch (mit den drei Stufen althebräisch, "Late Biblical Hebrew (LBH)": mittelhebräisch1 und mittelhebräisch2 (= vor-rabbinisches Hebr.), die Erfassung der Dialekte (u.a. nord- und südhebr.) und die Abgrenzungen und Übereinstimmungen mit dem Aramäischen. Die Probleme der hebr. Aussprachetraditionen der vor- und außermasoretischen (wie samaritanisches, "Qumran"-Hebr.) und der masoretischen Zeit: tiberisch, babylonisch, palästinisch, und der Beginn der masoretischen hebr. Sprachwissenschaft. Probleme der Lexikographie, der Etymologie, der Namenkunde, der Komplexität der bibelhebräischen Wort- und Satzsyntax; die Arbeit mit unpunktierten Handschriften in bibelhebr. Sprache und vor-rabbinischem Hebräisch ab dem 3.Jh. vor bis zum 2.Jh. nach außerhalb des biblischen"Kanons".

Das Studium der hebr. Sprachwissenschaft dieser Periode steht im Dienst der Bibelwissenschaft und der Geschichte. Bibelwissenschaft ohne dies Studium ist nicht möglich. Deshalb ist es obligatorisch. Dasselbe gilt für das Studium der Geschichte Altisraels einschließlich des Diasporajudentums.
Eine Einführung in die aramäische Sprache erfolgt am besten über das Bibelaramäische und/oder über die jüdisch-aramäischen Texte aus Ägypten (wie Elephantine) und Palästina (Totes Meer) und/oder über die aramäische Sprache der Targumim und /oder über das Altsyrische (dazu siehe unten zu Schwerpunkt III).

Das rabbinische Hebräisch

Gemeint ist das Hebräisch der tannaitischen (bis ca. 200 nach Chr.) und der amoräischen Zeit (bis ca. 600 nach Chr.) = mischnisch1 und mischnisch2. Thematisch beinhaltet das auch das vor- oder proto-mischnische Hebr. in literarischen und nicht literarischen Texten, die Tradierung des Mischnischen (Dialekte?), der Einfluss des Griechischen und Aramäischen und die Einführung in die hebr. Epigraphik (Inschriften, Handschriften, Codizes, Genizot ua.). Das Studium der hebr. Sprachwissenschaft dieser Periode ist obligatorisch vor allem für das Studium der rabbinischen Literatur und des Talmuds.

Darüber hinaus benötigt der Student eine gediegene Kenntnis des palästinischen (=west-) und des babylonischen Aramäisch der Talmudim (=ostaram.). Findet in diese aramäischen Sprachen keine Einführung statt, kann anstelle dessen auch eine Einführung in die verwandten aramäischen Nachbarsprachen dienen: Für das Ostaram. vor allem das Syro-Aram.= Altsyrisch oder das Mandäische (Altsyrisch wird augenblicklich im Institut für Semitistik jedes Sommersemester angeboten. Der Kursus erstreckt sich auf 2 Semester mit einer Abschlußklausur und einem obligatorischen Lektürekurs im 3. Semester.), oder auch das Neuostaramäische der Neuzeit der jakobitischen Christen des Tur-'Abdin (im Lehrangebot des Instituts für Semitistik). Für das Westaramäische das Aramäisch der Handschriften vom Toten Meer (im Lehrangebot des Instituts für Semitistik), aber auch das Neuwestaramäische der Christen in Ma'lula (im Lehrangebot des Instituts für Semitistik). Die Kurse über das Neuaramäische (Neuost- und Neuwestaramäisch) setzen allerdings die Kenntnis des Altsyrischen voraus.

Das Hebräisch des Mittelalters

Thematisch beinhaltet dies: Das epigraphische Hebräisch des MA in Europa und Asien (u.a. jüdische Grabinschriften), Probleme der Imitation des biblischen und des rabbinischen Hebr., der Einfluß des Judeo-Arabischen (Übersetzungsliteratur), die Sprache der hebräischen Poesie (Piyyutim), der Beginn der hebräischen Sprachwissenschaft (die arab.- hebr. Grammatiker). Diatopisch: Orient (einschließlich Karäer, Samaritaner), Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland (Aschkenasisch).

Obligatorisch für das Studium der jüdischen Geschichte und Philosophie und auch für die Bibelwissenschaft und das Talmudstudium.
Nach Absprache kann u.U. eine Einführung in das Judeo-Arabische am Institut für Semitistik gegeben werden, ansonsten ist eine Einführung in die arabische Schriftsprache der Gegenwart zu empfehlen.

Das Hebräisch der Neuzeit

Thematisch beinhaltet dies die Renaissance-Bestrebungen des Hebräischen im 19.Jh. in Europa, und vor allem in Israel. Linguistische (auch didaktische) Probleme des modernen Hebr., die Arbeit der Sprachakademie. Phänomene der hebräischen Grammatik im historischen Vergleich. Heutige hebr. Sprachtraditionen (Fortleben älterer Traditionen) in Europa und Asien.

Obligatorisch für das Studium der jüdischen Geschichte, der Philosophie und vor allem auch der Literatur und auch für die Bibelwissenschaft und das Talmudstudium.
Ein Sprachstudium in Israel sollte sich nicht allein auf das Erlernen des modernen Hebräisch beschränken, sondern sich auch dem palästinischen Arabisch widmen. Eine Einführung in das palästinische Arabisch kann nach Absprache auch im Institut für Semitistik gegeben werden.

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Jüdische Philosophie und Geistesgeschichte

Lehrstuhlinhaber:

gegenwärtig nicht besetzt, Vertretung: Prof. Dr. Jens Mattern

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Dr. Elke Morlok


Jüdische Philosophie ist das Ergebnis der Konfrontation zwischen Philosophie und jüdischer Kultur. Das Forschungsgebiet schliesst klassische jüdische Denker wie Saadya Gaon, Yehuda Halevi und Maimonides ein, sowie auch moderne und zeitgenössische Gestalten des Judentums wie z.B. Moses Mendelssohn, Nachman Krochmal, Hermann Cohen, Abraham Joshua Heschel, Franz Rosenzweig, Martin Buber und Emmanuel Levinas. Jüdische Philosophie kann nicht von anderen Denksystemen wie der antiken Philosophie, dem mittelalterlichen muslimischen und christlichen Gedankengut und modernem westlichen Denken isoliert betrachtet werden, doch hat sie ihre spezifische Einzigartigkeit und Eigenheiten. Die Geschichte der jüdischen Philosophie ist von Angleichung geprägt, doch auch von Andersartigkeit, es ist eine Geschichte von Wechselwirkung und unveräusserlicher Einzigartigkeit. Die Studierenden erhalten die Fähigkeit, zentrale Themen in individuellen Werken der jüdischen Philosophie zu erkennen, die Vielfältigkeit der Zugangsweisen im Kontext jüdischer Philosophie angemessen zu beschreiben und die Werke jüdischer Philosophen im weiteren Rahmen der Philosophiegeschichte zu verorten. Ein reiches Spektrum an Ansichten zu zentralen Begriffen und Themen wie z.B. die Gebote, Erwählung, göttliche Attributen, Vorsehung, Theodizee, Schöpfung, Offenbarung oder Erlösung werden untersucht und vergleichend besprochen.

Geistesgeschichte ist ein umfassender Begriff und beinhaltet auch das Studium der Geschichte von Ideen und von Konzepten, die im Laufe der jüdischen Geschichte unterschiedliche Inhalte hatten. Als solcher beschäftigt sich der Lehrstuhl mit grossen geistigen Bewegungen innerhalb des Judentums wie z.B. der jüdischen Mystik, dem Chassidismus und mit individuellen geistigen Führern des Judentums wie Samson Raphael Hirsch oder Abraham Isaak haCohen Kook.

Der Lehrstuhl für jüdische Philosophie und Geistesgeschichte nimmt das Judentum in seiner Universalität und Partikularität als einen spezifischen Beitrag zur Zivilisation im allgemeinen und der europäischen im besonderen wahr.

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Hebräische und Jüdische Literatur

Lehrstuhlinhaber:

Gegenwärtig nicht besetzt.

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Prof. Dr. Anat Feinberg
Dr. Daniela Mantovan-Kromer
lic.phil. Caspar Battegay
Prof. Dr. Reuven Kritz (i.R.)


Das Literaturstudium befasst sich mit hebräischer und jüdischer Literatur sowie der Literatur, die jüdische Themen behandelt (Originaltexte und Übersetzungen). Vermittelt werden:

  • Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe und literaturgeschichtliche Zusammenhänge
  • Grundwissen über die hebräische und jüdische Literatur (Gattungen, Stoffe, Motive, Autoren, Rezeption, literarische Zentren)
  • Gegenstands- und Aufgabenbereich der Literaturwissenschaft anhand literatur- theoretischer und systematischer Fragestellungen
  • Methoden der Analyse und Interpretation anhand einer Auswahl von Textbeispielen verschiedener literarischer Gattungen und Autoren
  • Theorien und Methoden der Literaturkritik anhand von ausgewählten Texten
  • Interdisziplinäre Betrachtung der Wechselbeziehungen zwischen Literatur (-wissenschaft) und anderen wissenschaftlichen und künstlerischen Bereichen (Philosophie, Psychologie, bildende Kunst, Film).

In Einführungsvorlesungen wird ein allgemeines Bild einer Gattung oder Epoche angeboten, in Übungen nehmen die Studenten aktiven Anteil am Textstudium und schreiben kurze Hausarbeiten, die Seminare befassen sich mit einem Thema, einem Autor, einer Gattung oder einer Epoche. Proseminare und Seminare bereiten den Studenten für die Magisterarbeit vor.
Für Jiddisch werden sowohl Sprach- als auch Literaturkurse angeboten.
Zum einen werden Grundkenntnisse für das Erlernen dieser Sprache angeboten, um den Studenten die Lektüre und das Studium einer Literatur zu ermöglichen, die zu den wichtigen Kulturgütern des modernen Judentums gehört. Die Einführungen in die Geschichte des Jiddisch werden ergänzt durch Textanalysen jiddisch-russischer Autoren. Prosa und Lyrik in einer reichen Auswahl sind Teil des Studienprogramms.

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Jüdische Kunst

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Prof. Dr. Annette Weber

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Jihan Radjai-Ordoubadi, M.A.

 

Das Lehrprogramm der Jüdischen Kunst umfasst alle Bereiche dieses Fachgebietes von der Antike bis in die Neuzeit: Synagogenarchitektur, Buchmalerei, Buchillustration, neuzeitliche Malerei und Graphik, Grabkunst, Kleinkunst sowie das kultische Kunstgewerbe für Synagoge und religiöse Zeremonien im häuslichen Bereich. Vor allem die geographische Nähe zur ältesten und bedeutendsten mittelalterlichen Gemeinde ‚Shum’ (Speyer-Worms-Mainz) ist für die Erforschung von Architektur, Ritualkunst und Ritus von Vorteil und ermöglicht Exkursionen zur Synagoge, Mikwe und zum jüdischen Friedhof. Die jüdische Kulturgeschichte ist ein Teil des umfassenden Spektrums des Faches Jüdische Kunst, wobei Werke jüdischer Künstler, wie Moritz Daniel Oppenheim und Marc Chagall, von besonderem Interesse sind und das Forschungsfeld im Bereich Malerei und Graphik beschreiben. Themen wie Zionismus in der Kunst, die verschiedenen Werke jüdischer Künstler der Moderne und die Kunst in Israel führen uns an die Auseinandersetzung mit Fotografie und Film als Träger neuer Perspektiven und finden ebenso Beachtung im Fachgebiet der Jüdischen Kunst.

 

Die im Aufbaumodul angebotenen Lehrveranstaltungen dienen der Einführung und vermitteln ein Basiswissen. In Form von Vorlesungen, Proseminaren und Übungen werden u.a. Themen über das Verhältnis von Bild und Text, jüdische Kunst als Identitätsträger in der Diaspora, Symbolverständnis und die Entwicklungsgeschichte der Ikonographie und der Synagogenarchitektur, jüdische Kunst als Ausdruck und Medium der Auseinandersetzung und Abgrenzung zu anderen Kulturen erarbeitet.

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Jüdische Religionspädagogik/-didaktik

Lehrstuhlinhaber:

Prof. Dr. Dr. h.c. Daniel Krochmalnik

Mitarbeitende am Lehrstuhl:

Betina Wehner

 

 

EINE NEUE WISSENSCHAFT MIT URALTEN WURZELN. Das neue Fach Jüdische Religionspädagogik bewegt sich nicht im luftleeren Raum. Es findet in Deutschland eine flächendeckende, wissenschaftlich und publizistisch rege allgemeine Religionspädagogik und –didaktik vor. Es blickt aber auch auf eine uralte „Lern“-Tradition zurück. Es ist sicher kein Zufall, dass sämtliche Quellen des Judentums den Lehr- und Lernbegriff im Titel führen: Tora, Talmud, Mischna, Gemara, Mischne Tora, Mischna Brura. „Lernen“ wiegt nach einem Wort der Weisen alle anderen Pflichten auf (Talmud Tora KeNeged Kulam, mPea 1,1.

Nach einem Vers aus dem Buch Josua (1,8), der zum Motto unserer Hochschule geworden ist, soll man Tag und Nacht „lernen“ ( והגית בו יומם ולילה D. Krochmalnik, "Du sollst darüber nachsinnen Tag und Nacht". Glauben und Lernen in der jüdischen Tradition). Für die jüdische Religionspädagogik ergibt sich aus dieser einzigartigen Hochschätzung des „Lernens“ in der jüdischen Tradition die Möglichkeit und Aufgabe, ihre Grundbegriffe aus den jüdischen Quellen zu entwickeln und so einen eigenen Stand in der gegenwärtigen Religionspädagogik zu behaupten. Natürlich stehen wir auch im jüdischen Kontext nicht alleine da. Wir verfolgen regelmäßig den Stand der Religionslehrerausbildung für den jüdischen Religionsunterricht an jüdischen Ganztagsschulen in den Vereinigten Staaten oder an den „Ganzlebensschulen“ in Israel. Aber unsere Ausbildung bleibt auf die besonderen Bedingungen der deutschjüdischen Gemeinden zugeschnitten mit ihren ganz spezifischen religiösen Möglichkeiten, Schwierigkeiten und Bedürfnissen.

 

 

 

FORSCHUNGSSCHWERPUNKT MODERNE. Das traditionelle jüdische Erziehungs- und Bildungswesen hat an der Schwelle zur Moderne gerade in Deutschland schwere Anpassungskrisen durchgemacht und neue Formen gesucht. Am Lehrstuhl für Jüdische Religionspädagogik gibt es einen besonderen Forschungsschwerpunkt im Bereich der jüdischen Aufklärung in Deutschland (Haskala). Aus dieser „Sattelzeit“ stammen die meisten modernen jüdischen Bildungs- und Erziehungskonzepte, Schul- und Unterrichtsmodelle, Lehrer- und Schülerideale. Insofern ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit dieser Zeit immer auch eine Beschäftigung mit der eigenen Gegenwart und Zukunft (→ DFG-Forschungsprojekt).

Der Modernisierungsprozess verlief alles andere harmonisch. Gerade Lern- und Schulfragen waren häufig Anlass zu ideologischen Streitigkeiten und institutionellen Spaltungen, und so haben alle Richtungen des Judentums eigene Bildungskonzepte, Lehrer- und Rabbinerausbildungsstätten, Schulen- und Erziehungseinrichtungen hervorgebracht. Hier bietet sich ein reichhaltiges Material zur wissenschaftlichen Analyse und programmatischen Auswertung an. Dieser Forschungsschwerpunkt verbindet uns mit ähnlich gelagerten judaistischen Forschungsschwerpunkten in DuisburgIcon External Link und HamburgIcon External Link.

 

 

LEHRENLERNEN. So wichtig die wissenschaftliche Fachbildung für das Studium ist, so wichtig ist das didaktische Training für den zukünftigen Lehrer. Der Lehramtskandidat erwirbt in den anderen Fächern der Hochschule ein breites judaistisches Wissen. In der jüdischen Religionsdidaktik muss er lernen, dieses Wissen im religiösen Kontext zu lehren. Denn im Religionsunterricht geht es vor allem um Religion! Die im Studium erworbenen Kenntnisse in Althebräisch und Iwrit, Bibel und Talmud, in alter und neuer Geschichte des jüdischen Volkes, in israelischer Geographie und Politik usw. sind für den Religionslehrer zwar unerlässliche Voraussetzungen, im Religionsunterricht sind sie aber nur Mittel für den religiösen Zweck. Die Religionsschüler lernen, um einige Beispiele zu nennen, nicht Hebräisch als Fremdsprache, sondern als heilige Sprache. Sie lernen die jüdische Geschichte nicht wie die profane ägyptische, die assyrische, die babylonische oder die römische Geschichte, sondern als heilige Geschichte.

Ein Schlüsselbegriff der allgemeinen und jüdischen Religionspädagogik und -didaktik ist: „Korrelation von Lernen und Leben“, jüdisch gesprochen: תורה עם דרך ארץ. Der Kandidat lernt in der Jüdischen Religionslehre und -philosophiedie alten Quellen im Präsenz zu konjugieren. Es kommt im Religionsunterricht nicht darauf an, wie es zur Zeit Ramses II., Sargon II., Nebukadnezzars oder Vespasians wirklich gewesen ist, sondern wie die katastrophalen Geschehnisse von damals im religiösen Gedenken verarbeitet und was sie für das religiöse Bewusstsein der Juden bis heute bedeuten.

Einen spezifisch jüdischen Stempel bekommen die disparaten Stoffe, die häufig die Lehrpläne des Religionsunterrichts verstopfen, erst durch ihre rabbinische Bearbeitung, die an der Hochschule vor allem in den Kernfächern Jüdische Bibelauslegung und Rabbinische Literatur behandelt werden. Der jüdischen Religionsdidaktik geht es dann um die schulstufen- und altersgerechte Vermittlung des Stoffes. Unterrichtsvorbereitungen, Schulpraktikum, fachdidaktische Lehrveranstaltungen, Unterrichtsbesuche begleiten das wissenschaftliche Studium und bereiten den Lehrer auf seine Aufgaben vor.

 

 

ALTNEUE METHODEN. Dazu gibt es in der allgemeinen Religionsdidaktik eine Fülle von Neuansätzen und neuartigen Lehrmittel. Wir verfolgen in enger Zusammenarbeit mit dem Praktisch-Theologischen SeminarIcon External Link der Universität Heidelberg den Stand der Forschung auf diesem Gebiet. Dabei zeigt sich allerdings, dass der „Letzte Schrei“ oft nichts als der „Urschrei“ ist. Die viel gepriesene performative Symbol- und Liturgiedidaktik mit angeknüpften „sokratischem“ Lehrgespräch erinnert stark an das älteste biblische Lehrgebot: „Wenn dich dein Kind morgen fragt, was das für Zeugnisse, und Satzungen und Vorschriften sind (...) so sprich zu ihm (5 Mose 6, 20-21) und an die Formen rabbinischer Unterweisung (→ D. Krochmalnik, „Wenn dein Sohn dich fragt ...“. Das symbol- und ritualdidaktische Paradigma des Sederrituals). Eine ausführliche Behandlung der jüdischen Fachdidaktik erfolgt im Referendariat (→Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in HeidelbergIcon External Link).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

NACH DEM STUDIUM. Der Lehrstuhl für jüdische Religionspädagogik ist über die Ausbildung von jüdischen Religionslehrern hinaus in vielfältiger Weise in Fragen der Religionsunterrichts involviert und soll auch nach Abschluss der Ausbildung ein Bezugspunkt der jüdischen Religionslehrer bleiben.


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Letzte Änderung: 20.03.2013