Johannes Müller M.A.

2018_JohannesMueller


Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Bibel und Jüdische Bibelauslegung

Wissenschaftlicher Mitarbeiter GRK 1728
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Anschrift:
Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg
Landfriedstraße 12
D-69117 Heidelberg

E-Mail: Johannes.Mueller@hfjs.eu

Raum A2.05 (Altbau, 2. Stock)

 

 

 

  • Akademischer Werdegang
Seit 07/2018 Kollegiat am DFG-Graduiertenkolleg 1728 „Theologie als Wissenschaft“
01/2018 Gewinner des Hochschulpreises des Evangelischen Bundes Hessen für die Examensarbeit (Titel siehe unten)
01/2018 Leistungsstipendium der Hessischen Lutherstiftung für die Examensarbeit (Titel siehe unten)
WiSe 2014 – SoSe 2017 Studium der ev. Theologie (Georg-August Universität Göttingen; Abschluss: Erstes Theologisches Examen); Thema der Examensarbeit: „Überzeitliche Gottesliebe – Die Auslegung des Hohenliedes bei Nikolaus von Lyra und Raschi“
WiSe 2013 – SoSe 2014 Jahresstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
WiSe 2013 – SoSe 2014 Studium der Judaistik (Hebräische Universität Jerusalem)
WiSe 2009 – SoSe 2013 Studium der ev. Theologie (Georg-August Universität Göttingen)
WiSe 2008 – SoSe 2012 Studium der Betriebswirtschaftslehre (Georg-August Universität in Göttingen; Abschluss: Bachelor of Science); Thema der Bachelorarbeit: „Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen ausländischen Direktinvestitionen der Volksrepublik China“

 

  • Berufliche Tätigkeiten
11/2015 – 10/2016 Studentische Hilfskraft im SFB 1136; Betreuer: Prof. Dr. Tobias Georges (Georg-August-Universität Göttingen)
11/2011 – 06/2013 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Altes Testament von Prof. Dr. Reinhard Gregor Kratz (Georg-August-Universität Göttingen)
12/2010 – 07/2011 Studentische Hilfskraft am Göttinger Lichtenberg-Kolleg im Rahmen des Forschungsaufenthalts von Prof. Dr. Dr. h.c. Emanuel Tov (Hebräische Universität Jerusalem)
02/2008 – 08/2008 Tätigkeit als Steuerfachangestellter
08/2005 – 01/2008 Ausbildung zum Steuerfachangestellten

 

  • Promotionsprojekt

„Radaqs Psalmenkommentar im Spannungsfeld der jüdisch-christlichen Kontroverse“

In meinem Dissertationsprojekt sollen Rabbi David Qimchis (1160-1235; auch bekannt unter seinem Akronym Radaq) polemische und apologetische Schriftauslegungen, die sich vornehmlich in dessen Psalmenkommentar finden, näher untersucht werden. Obwohl Radaq bereits von unmittelbar nachfolgenden Generationen höchste Anerkennung erlangte und seine Kommentare sogar neben den Größen der jüdischen Exegese in die seit Beginn des 16. Jh. gedruckten Rabbinerbibeln ("Miqraot Gedolot") aufgenommen wurden, hat sein Werk in der Wissenschaft bisher kaum eine hinreichende Untersuchung erfahren.

Radaqs Psalmenkommentar ist zunächst im Kontext der Umbildungsprozesse des 12. und 13. Jh. zu betrachten. Neben dem Begriff der „Renaissance des 12. Jahrhunderts“ werden die sich in diesem Zeitraum zu großer Zahl vollziehenden Umbrüche mit weiteren Stichworten wie „kommerzielle Revolution“, „Staatswerdung“, „Reformation“ oder „Humanismus“ terminologisch abzubilden versucht. Auf christlicher und jüdischer Seite galt es, den Glauben rational begreiflich zu machen, bisher autoritativen Lehrtraditionen wurde zunehmend kritisch begegnet. Neue Erkenntnismöglichkeiten für die Exegese ergaben sich auch durch die erstmalige Begegnung mit dem gesamten aristotelischen Schrifttum, die vermittelt durch den arabischen Raum nach Frankreich gelangten. Es nimmt daher nicht wunder, dass Radaqs Bibelkommentare ein rationalistisch-philosophisches Gepräge aufweisen. Dennoch ist es bemerkenswert, wie Radaq an der sog. „Maimonidischen Kontroverse“ partizipierte: Maimonides (1135-1204) wurde aufgrund der von ihm angestrebten Synthese von Offenbarungsglauben und aristotelischer Philosophie vorgeworfen, durch eine Prävalenz der "ratio" die in der "revelatio" mitgeteilten Glaubensinhalte zu verdrängen und die Existenz von leiblicher Auferstehung und Wundern zu leugnen. Radaqs Hauptanliegen in der Debatte bestand in der Verteidigung der profanen Wissenschaften. Ihm zufolge war eine Trennung von „heiligen“ und „profanen“ Wissenschaften unsachgemäß, weshalb die Theologie selbstverständlich auch die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften beinhalten müsste.

Radaq schrieb in einer Zeit wirtschaftlicher und kultureller Prosperität, in der trotz der erwähnten geistesgeschichtlichen Aufbrüche auch eine kontinuierliche Verschärfung im Verhältnis der jüdischen Gemeinden zu ihrer christlichen Umwelt wahrzunehmen ist. Die Juden Frankreichs gerieten u. a. durch die Kreuzzugsbewegung, die Agitation gegen den Geldhandel, das Aufkommen antijüdischer Stereotypen und eine verschärfte christliche Mission in Bedrängnis. Eine aggressive antijüdische Rhetorik brach sich Bahn, die auch in den literarischen Auseinandersetzungen Einzug hielt, etwa bei Odo von Cambrai, Petrus Venerabilis oder dem spanischen Apostaten Petrus Alfonsi. Die jüdische Reaktion scheint um 1170, also etwas zeitverzögert, eingesetzt zu haben. Von besonderem Interesse ist der "Sefer ha-Berit", in dem Radaqs Vater Josef bereits anhand biblischer und rationaler Argumente die Vorzüge des jüdischen vor dem christlichen Glauben nachzuweisen versuchte, um anstelle zentraler christlicher Theologumena eine eigene jüdische Glaubens- und Tugendlehre zu etablieren.

Eine eingehende Analyse von Radaqs Auseinandersetzung mit zentralen christlichen Theologumena, wie sie etwa in den christologischen Lesarten der Psalmen prominent Ausdruck gefunden haben, ist bis heute ein Desiderat der Forschung geblieben. Gleiches gilt umgekehrt für die in meiner Arbeit ebenfalls beabsichtigte Untersuchung der Rezeption von Radaqs Polemiken bei christlichen Theologen sowie der in einigen hebräischen Handschriften enthaltenen Einträge christlicher Zensoren. Demnach besteht die vornehmliche Intention meines Forschungsvorhabens darin, einen Beitrag zur Erhellung des immer noch weithin im Dunkeln liegenden wechselseitigen Verhältnisses von Juden und Christen auf dem Gebiet der Bibelexegese im Hoch- und Spätmittelalter zu leisten.

 

 

 

Letzte Änderung: 02.11.2019